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Beim
Nachhauseweg in der Abenddämmerung erzählt Sailer von seiner
Faszination für den germanischen Gott Loki, eine schillernde,
listige und sich ständig verwandelnde Figur, die den Göttern
hilft, aber gelegentlich auch derbe Streiche spielt. Während
das spätere Christentum ihn zum "Teufel" dämonisierte,
repräsentierte er für unsere Vorfahren wohl nur das Ambivalente
und Unberechenbare in innerer und äusserer Natur. Sailer
berichtet, mit welchem Vergnügen gerade seine Kinder den Loki-Geschichten
lauschen. Auch sie sind - wie dieser heidnische Mephisto - weder gut
noch böse, irrlichtern oft zwischen rationalen und irrationalen,
sanften und wilden Regungen hin und her. Sailer erzählt, wie
diese Bilder manchmal bei seinen Kanutouren im Sommer unmittelbare
Präsenz bekämen, etwa inmitten der uralten und von greifbaren
Naturkräften durchseelten Flusslandschaft der jungen Donau. Gehen
ihm die Geschichten aus, so erfindet er einfach neue und manchmal
münden diese wiederum in die Idee für einen Holzschnitt
ein. So durchwirken sich in Sailers Leben Mythos und Realität,
Naturerleben, Kindererziehung und Kunst. Die Götter sind keine
Erfindungen tumber Vorzeit, sondern ragen für den, der die Sinne
dafür hat, in den unmittelbaren Alltag hinein: |
"Wer über die Felder muss, lebt mit den Jahreszeiten.
Dem fällt der letzte Rest Kalkül herunter wie ein Regentropfen.
Du hast Angst vor Gewitter, du schreist zwischen Blitz und Donner,
spürst einen Moment lang heftiges Sehnen,
wirst Verlangen riechen, Düfte schmecken,
ein Wort spüren, ein Licht hören
und doch den Verzicht schlucken -
bis der Blitz im Baum einschlägt
und dich zur Furie macht."
(Thea Herold)
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